Freie Meinungsbildung in Zeiten der Corona-Krise

Anfangs April entscheidet die Regierung die Volksabstimmungen vom Juni 2020 auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Begründung: Eine freie Meinungsbildung ist durch die nötigen Massnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus nicht möglich. Viele Parteien und Abgeordnete stehen zwar hinter dem Entscheid, finden es aber nicht nachvollziehbar, dass die Regierung dies im Alleingang, ohne Einbezug des Landtags, entschieden hat.

«Ja, Bürgerrechte dürfen nicht beliebig ausgesetzt werden» sagt die Innenministerin Dominique Hasler in einem Interview mit Vaterland-Chefredaktor Patrik Schädler. Jedoch verteidigt Sie den Entscheid zur Verschiebung mit dem Argument, dass «freie Wahlen und offene Abstimmungen nur dann vorliegen, wenn die Meinungsäusserungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit gegeben sind, so dass die Meinungsbildung ungehindert erfolgen kann.»

Das Interview mit der Innenministerin Dominique Hasler vom 20.4.2020 wird auf der Website der Vaterländische Union (VU) publiziert:

Es stellt sich die Frage: Ist die Verschiebung der Abstimmung gerechtfertigt? Was heisst freie Meinungsbildung, wenn sich in einer konstitutionellen Erbmonarchie zwei Tageszeitungen das Medienmonopol teilen? Wie stark tragen diese Medien zu einer demokratischen, pluralistischen Meinungsbildung bei?

2010 wurde untersucht, wie sich die Meinungsbildung im Vorfeld zur Abstimmung über die vom Fürstenhaus angestrebte Verfassungsrevision von 2003 abgespielt hat und welche Faktoren das Abstimmungsverhalten beeinflusst haben (Marcinkowski et. al (2010). Öffentlichkeit, öffentliche Meinung und direkte Demokratie. Eine Fallstudie zur Verfassungsreform in Liechtenstein. Schaan: Verlag LAG).

Es wurde festgestellt, dass nicht primär die Inhalte in den Medien ausschlaggebend waren, sondern die verfestigten politischen Einstellungen und Wertvorstellungen. Die Bevölkerung zeigte damals ihr Vertrauen in die Monarchie, in dem es zugunsten des Fürstenhauses entschied.

Obwohl die Verschiebung von vielen Seiten begrüsst wurde, stellen sich grundlegende Fragen zum Abstimmungskampf: Wie viele Veranstaltungen und Versammlungen vor Ort bedarf es, damit das Volk sich eine eigene Meinung bilden und am politischen Prozess teilhaben kann? Ist die demokratische Meinungsbildung erschwert, wenn herkömmliche Informationskanäle blockiert sind?

Zu diesen Fragen und anderen Themen rund um die Corona-Krise nimmt z.B. die Landtagsfraktion der Freien Liste in der Zeitung lie:zeit Stellung. Die Freie Liste unterstützt die Initiative.

Stellungnahme Freie Liste, Lie:Zeit online, 19.4.2020 :

Stellungnahme Freie Liste, Zeitung Liechtensteiner Vaterland, 2.5.2020:

Die Regierung stand den Abgeordneten des Landtags am 6. Mai 2020 Rede und Antwort zu Themen rund um die Coronavirus-Pandemie. Auch die Frage nach dem Versammlungsverbot und der damit einhergehenden Einschränkungen zur Meinungsbildung wurde gestellt.

Die Zeitung Volksblatt fasst zusammen (Abstimmung HalbeHalbe im letzten Abschnitt), Autor: David Sele, 7.5.2020:

Eine ausführliche Antwort der Innenministerin auf die Frage, ob es rechtens ist, dass die Regierung die Abstimmungstermine eigenmächtig verschoben hat, steht noch aus.